Wie alles begann
Paul heißt er, und auf nen zweiten Namen haben wir verzichtet, auch auf Englisch kann man ihn leicht aussprechen, und bei jeder Reise wirds dann keine Probleme geben. Seit nun fast einem Jahr hat er uns auf eine Elternzeitreise mitgenommen, und die U6 Untersuchung samt einiger Impfungen haben wir auch schon durch. Inklusive einen ganzen Umzug, jetzt ein eigenes Kinderzimmer und sogar sieben Länder hat er schon gesehen, da darf der Kinder-Reisepass natürlich nicht fehlen (der jetzt abgeschafft wird). Ihr werdet lachen, welches Bild es dahinein geschafft hat 🙂
Nen halben Meter groß, knapp über drei Kilo schwer und kerngesund, das ist wohl das Wichtigste was man wissen sollte und los gehts ins Leben! Schon erstaunlich, auf ein paar Grußkarten habe ich geschrieben, dass er wohl noch im Jahr 2100 leben wird (irdisch oder außerirdisch) und das sich das kein Mensch vorstellen kann wie es dann hier aussehen könnte. Wir haben jedenfalls ein Buch für sein erstes Jahr und eins für seine ersten zehn Jahre, wo wir viel dokumentieren wie es losging.
Und nun auch langsam zum Thema, bei der Kinderfotografie, oder hier besser Baby- und Kleinkindfotografie geht es um viele Aspekte die sich zu beachten lohnen. Außerhalb der dunklen Wohnung (hatten wir) ist es deutlich leichter auch mit lichtschwächeren Objektiven gute Bilder zu machen, bei uns war ich froh oft das RF 50mm f/1.2L bereit zu haben. Die Verschlusszeiten sollten dabei mindestens 1/200s betragen, um Bewegungsunschärfe zu vermeiden. Und dabei hilft auch kein Bildstabilisator, denn der Tragende und das Baby bewegen sich, zweiteres sogar unvorhersehbar. Und da komme ich auch zu einem wesentlichen Punkt, man muss sehr viel Geduld und Zeit mitbringen, um schöne Bilder zu erhalten. Wohl kaum etwas ist unplanbarer als ein Kleinkind-Fotoshooting, und man muss auch viele Eventualitäten vorbereitet sein. Damit meine ich vor allem Lichtsetzung, Kameraobjektiv (Tele oder Portrait), Spielzeug, die Verfügbarkeit der Eltern und die Schlafrhythmen des Kindes.
Coole Bilder ergeben sich oft, wenn man einen schönen Größenvergleich mit ins Bild bringt, wie er wohl schauen wird wenn er später sieht dass er mal in dieses kleine Waschbecken gepasst hat? Sehr vorsichtig muss man mit steigender Mobilität werden, dass den Kindern nichts passiert, was noch zusätzliche Aufmerksamkeit des Fotografen erfordert. Ich habe auch eine Familie jahrelang begleitet, bis die Kinder in die Schule kamen, auch dann ändern sich die grundlegenden Überlegungen nicht. Flexibilität ist Trumpf, und auch ein besonders guter Draht zu den Eltern.
Für die ersten drei Bilder kann man gerne auch schon kurz nach Geburt ein Fotoshooting vereinbaren, aber wenn es etwas mehr Bilder sein sollen, dann rate ich doch etwa drei Monate abzuwarten. Hier im untenstehenden Foto ist Paul schon dreieinhalb Monate alt, man sieht schon seinen fokussierten Blick direkt in die Kamera. Das würde bei Neugeborenen noch nicht so gut klappen. Dazu sinkt auch die Zahl an Schlafstunden jeden Tag exponentiell ab mit dem Älterwerden.
Die Babyhaut ist sehr empfindlich und muss auch ganz sanft gebadet werden, aber es macht unheimlich Spaß mit den Kleinen im Wasser zu spielen, sie danach zu Fönen und wieder anzuziehen. Diese intimen Einblicke mögen aber wohl eher in sehr gut bekannten Familien für Fotografen möglich sein. Da der unplanbare Gesichtsausdruck aber eine große Rolle spielt, und die meisten Babies das Wasser total gern mögen, würde ich es aber auf jeden Fall versuchen solche Gelegenheiten zu nutzen.
Und weil die Eltern Zeit bekommen haben von Staat und Arbeitgeber, kommt man natürlich auch auf Ideen wie weit zu verreisen. Wir haben den fünften und neunten Geburtsmonat für mich als Elternzeitmonat für den Vater gewählt, und ich kann das nur weiterempfehlen. Man kann im Monat fünf schon relativ viel Spielen, Laute erzeugen und er kann auch schon richtig gut sehen, was sich auf den Bildern bemerkbar macht. Das Baby lernt natürlich auch von neuen Umgebungen, Gerüchen, Farben und Menschen wie die Welt so aussieht. Wir wollen es aber auch nicht überfordern und für die ganze Familie eine schöne Zeit erleben. Wir sind deshalb in Europa geblieben ohne mit dem Flugzeug zu verreisen, vor allem in seinem neunten Elternmonat geht es auch darum schnell anhalten zu können, viele Dinge dabei zu haben und Platz zu haben.
Fotografisch festgehalten haben wir auch schon den wachsenden Babybauch, hier festgehalten habe ich auch eine Silhouette im Altern von sechs Monaten. Dabei blitze ich mit einem Studioblitz gegen eine weiße Wand im Hintergrund und fokussiere mit der Kamera und kurzer Belichtung auf seine Umrisse.
Gut eigneten sich AirBnB Unterkünfte für uns um selbst kochen zu können, und für ihn Spielmöglichkeiten zu haben. Ab und an war auch eine Wiese oder sogar ein Pool nicht weit.
Hier ein Beispielfoto wo ich die Kamera mit vorgeplanten Einstellungen übergebe, zwischen den Weinfeldern und dem blühenden Mohn mit der Windmühle im Hintergrund habe ich mit mittig mit ihm am Schoß positioniert. Was natürlich bei den neuen spiegellosen Kameras ungemein hilft, ist der Augen-Autofokus, den ich nicht mehr missen möchte. Nicht nur auf Hochzeiten, sondern auch hier hat man deutlich weniger Ausschuss.
Sehr viele Bilder von Kindern generell entstehen aus der Spontanität heraus, wenn das Kind einen neuen Blick sieht, ihm die Überraschung noch im Gesicht geschrieben steht und auch der Fotograf die Aufmerksamkeit auf sich und die Kamera lenken kann. Hilfreich ist es da zu rufen, zu Winken oder je nach Alter dann auch sprachlich Bescheid zu geben, was das Model machen soll.
Meiner Meinung nach sind die besten Bilder Fotos aus dem Alltag, die wir hier zu sehen auch gerne mal im Doppelstock-Zug, auf einer Wanderung oder beim Parkspaziergang entstehen. So würde ich zum Beispiel auch vorschlagen, sich einer Familie bei einem Ausflug anzuschließen um dann Fotos zu machen. Für gewöhnlich plane ich mindestens zwei Stunden ein, um ca. 30-50 (brauchbare) Fotos zu bekommen.
Das hier ist nun das letzte aktuellste Foto von Paul, man sieht immer deutlicher seine Mimik und Gestik die er in seiner Entwicklung besser und besser entfalten kann. Zudem hat er nun auch schon die ersten Zähne, die man schön in ein Foto mit einbinden kann. Spontanes Umdrehen, oder Hervorgucken vor einem Versteck oder einer Tür bringt auch viele Kinder zum strahlen. Das gilt natürlich auch für andere Kinder, sozusagen ist es vom Schwierigkeitslevel etwas einfach, einen 1-jährigen als einen 1-monatigen zu fotografieren.
Besonders im Tragegurt kann man Paul momentan sehr leicht für ein Lächeln begeistern, wenn man z.B. hopsend eine Treppe herunterläuft. Auch an Blüten- und Pflanzenteilen hat er oft seine wahre Freude.
Jetzt freu ich mich auf viele Kommentare, Eure Meinungen und Fragen und ob ihr auch schon einmal Kinder fotografiert habt.
Viele Grüße
Christian
Sehr schöner und ausführlicher Beitrag, nicht zuletzt mit den Anleitungen zum Fotografieren und wichtigen Tipps für dieses Alter!
Super Bilder und eine sehr schöne Story. Danke für die vielen Einblicke. Die Tipps kann man ja auch noch als Opa verwenden, falls das jemals Eintritt.
Bin gespannt auf die Fortsetzung.
Einfach nur schön! Andrea & Christian, Danke für diesen tollen Beitrag!!
Liebe Grüße Jürgen
Nachtrag: Mir gefällt besonders die Leichtigkeit der Bilder, was wohl auch damit zu tun hat, dass die Bilder aus dem „Alltag und der Situation“ (Beispiel Paul im Zug!) heraus entstanden sind. Ganz wichtig ist es meiner Meinung auch, sich auch mal auf eine Ebene mit dem Kind zu begeben (die „Bodenbilder“ & „Badewanne“) so werden die Kleinen richtig gut in Szene gesetzt. Insgesamt vermitteln alle Bilder eine Leichtigkeit und trotzdem sind sie sehr ausdrucksstark, die korrekt belichteten und scharfen Augen sind hierfür ausschlaggebend! Aber ich denke man braucht bei der Kleinkindfotografie auch viel Glück und Geduld um solche tollen Bilder wie das Hochriesbild und das Letzte mit der Mütze zu machen.
Ich nehme an, dass bis auf das Foto für den Kinderpass, wo in Pauls Augen eine Softbox zu erkennen ist, alle Bilder mit ohne Blitz entstanden sind.
Das bestärkt mich darin, dass auch außerhalb eines Studios großartige Personen- und Portraitbilder entstehen können. Deshalb wäre es klasse, wenn wir – wie vorgeschlagen – in der Gruppe mal unter Deiner Anleitung ein Outdoor-Portrait-Shooting machen könnten, aber natürlich nicht mit Paul als Model….der soll sich das Ganze dann ganz entspannt von der Seite ansehen 🙂
Toller Bericht von dem kleinen Halboberpfälzer, endlich wieder Leben auf der Webseite
Servus zusammen,
vielen Dank für Euer erstes Feedback, freut mich sehr! Die Geschichte geht natürlich weiter, und nicht zuletzt die neuen Kameras und Objektive haben das Fotografenleben wesentlich erleichtert. Und ein Hinweis aus meinem Nähkästchen: Ich plane grade auch wieder neue Portraitshootings in der Stadt, daraus könnten wir u.U. einen Workshop machen.
Das Bild für den Reisepass updaten wir natürlich, bis Ende 2023 gibts noch die Möglichkeit bevor der Kinderreisepässe generell abgeschafft werden. Finds nur kurios, wie solche Bilder in offiziellen Dokumenten landen.
Was mir hier noch nach dem gestrigen Abend am Fernwehfestival einfällt, auch wir haben echt starke Charaktere in unserem Verein, wo wir echt coole Portrait-/Streetfotos zusammenbekommen könnten! (Stichwort Huberbuam).
Freu mich auf ne rege Diskussion auch heute Abend auf der Jahreshauptversammlung!
Servus Christian, da hast du einen super Beitrag mit teils genialen Aufnahmen gestaltet. Vielen Dank dafür.
Auch hier kann man schon erkennen, wie schnell sich Paul entwickelt hat. Kompliment zu euren Fotos und weiter so.
Liebe Grüße
Hans S.
So, kleines Update! Also jetzt ist er schon 13 Monate alt, und krabbelt wie ein Weltmeister bzw. Stabsoffizier ^^. Und ja, Oberpfälzisch beibringen ist echt super cool, auch frängisch krieg ma noch hin, Zwei-/Dreisprachigkeit zahlt sich ja immer aus später.
Sehr sehr gerne mach ich dann bald mal nen Fotowalk mit Euch, bzw. auch ein Portraitshooting mit Anleitung, dazu brauchen wir dann aber ein Model mit Geduld 😉 Echt super, was wir hier in unserem Verein für Kompetenzen zusammenbringen, wenn ich auch den Hans im Kopf hab!