Die Motivation war ein schönes Gespräch an der Jahreshauptversammlung mit Vadim in unserer Fotogruppe, und ich nutze die Inspiration um jetzt einen kleinen Rückblick in die Ukraine zu werfen, als die Welt dort noch in Ordnung schien. Ich war im November und Dezember 2012 über ein Praktikum der Uni Erlangen dort an der Technischen Uni Kiew, und mit einer deutschen Mitstudentin wurde uns eine Wohnung zugeteilt. Im Dezember hatte ich die Möglichkeit auch eine andere ukrainische Austausch-Studentin in Lemberg zu besuchen. Auch die Flugzeug-Begeisterung kam nicht zu kurz, hat mich doch ein Plane-Spotter Kumpel aus Deutschland besucht, um ein Flugzeugmuseum am Sikorsky-Airport zu besuchen (Oleg Antonov State Aviation Museum).
Der Flug ging mit WIZZ-Air direkt nach Kiew Boryspil (internationaler Flughafen), von wo aus ich meinen Weg zu der Wohnung in der Innenstadt aus suchte. Man kann sich vorstellen, das ist echt ne andere Welt. Internet, digitale Abfahrtpläne oder andere Hilfsmittel gab es 2012 erst in Ansätzen, immerhin hatte ich aber eine open-street-maps Landkarte mit GPS-Signal am Handy, womit ich einigermaßen sehen konnte wo wir uns gerade befanden. Hier einer der üblichen Marschrutka-Bussen, die ohne festen Fahrplan einfach eine Strecke abfahren und man hop-on hop-off einfach mit möglichst viel Aufmerksamkeit zusteigt (man wird oft übersehen).
Die Wohnung gefunden war es erst einmal auch relativ spooky in den dortigen Aufzug einzusteigen, der mit lautem Klappern und Ruckeln bei trübem Flacker-Licht in den neunten Stock hinauf fuhr.
Allzu verlässlich war auch die Warmwasser-Versorgung nicht, dafür aber umso spannender war dass nachts Mäuse aus den Wänden gekrochen kamen um meine Kekse anzuknabbern!
Sowohl geschichtlich, als auch architektonisch und auch für Lost-Place-Fotografen mit etwas Abenteuerlust gibt es hier wirklich Motive in Hülle und Fülle. Etwas ungewisses und mitunter auch bedrohliches schwingt immer mit, aber bis auf einen Kreditkarten-Hack (mir wurden 400 EUR gestohlen, Dank comdirect wurde alles ersetzt), sind mir auch alle Kameras und Objektive heil und mein Eigen geblieben.
Sehr beeindruckend waren auch die Fahrten mit der U-Bahn (Metro), deren Bahnhöfe oft sehr tief unter der Erde liegen. Auch die Unterquerung des Flusses Dnipro machte eine der tiefgelegensten U-Bahn-Stationen der Welt nötig, so liegt Arsenalna (Арсенальна) 105 m tief. Traurige Berühmtheit machen die unterirdischen Hallen jetzt auch als Luftschutzbunker im gegenwärtigen Krieg.
Die älteren Stationen sind dabei in nachkriegsstalinistischem Baustil errichtet, wohingegen die neuen Stationen viele futuristische Elemente beinhalten. Auch die Rolltreppen kennt man so in der westlichen Welt nicht – damit zu fahren fühlt sich wahrlich sowjetisch an.
Im Dezember war natürlich auch die Beleuchtung sehr schön zu fotografieren, und auch der erste Schnee lies dann vor allem als wir in Lemberg waren nicht lange auf sich warten.
Mit der ukrainischen Eisenbahn angereist haben wir schließlich noch ein paar Tage in Lemberg (Lviv) verbracht, und dort ein paar schöne sonnige Schnee-Wintertage erlebt.
Alles in allem hat sich die Reise und der Aufenthalt wirklich sehr gelohnt, mein Job übrigens an der TU Kiev war es, Leiterplatinen zu entwerfen und dann im Säurebad zu ätzen, um daraus einen Batterie-Laderegler zu bauen.
Zahlreiche weitere Bilder von meinem Kiew-Aufenthalt gibts auch hier auf facebook:
https://www.facebook.com/share/1AYXXdBRJV/
Würde mich freuen, euch mit ein paar dieser Bilder inspiriert zu haben, und sehr gerne lese und beantworte ich auch eure Kommentare! Allseits gut Licht,
Christian